"Achim- und Petra-Herz-Haus" der Joachim Herz Stiftung

"Achim- und Petra-Herz-Haus" der Joachim Herz Stiftung -

Bauherr

Joachim Herz Stiftung, Hamburg

Architekt

Kitzmann Architekten, Hamburg

Tragwerksplanung

Wetzel & von Seht, Hamburg

Architekturfotografie

 Kitzmann Architekten und Heiner Leiska

Laudatio

Deutschlands Gewerbegebiete sind nicht dafür bekannt, großartige oder gar künstlerisch anspruchsvolle Architekturen zu begünstigen. Im Gegenteil, man kann sich des Eindrucks nicht verwehren, dass beim Betreten solcher Bereiche keine, auch nur andeutungsweise vorhandene Art von architektonischem Wollen oder gar Einordnung in einen möglichen gemeinsamen Gestaltungs-Kanon wahrzunehmen ist. Das gilt leider auch für Hamburg. Umso mehr muss es erfreuen, wenn in einer dieser „Wüsten“ ein Gebäude entstanden ist, das einen ganz anderen Ton anschlägt. Nicht den, mit dem heute Schlagzeilen zu erobern sind, mit unverständlich schiefen, und damit dramatisch überzogenen Konstruktionen, mit ausgebeulten Wänden oder ausgefallenen Materialien. Nein, hier ist ein Gehäuse für eine Stiftung entstanden, das buchstäblich aus dem Konglomerat von unterschiedlichsten Fertigungshallen und einem gesichtslosen  Bürohaus gewachsen ist, gleichsam aus dem Humus dessen, was heute  zur finanziellen Grundlage der Stiftung gehört.

Und das Neue verleugnet auch seine Herkunft nicht:
Denn das Zentrum dieser früheren Gemengelage, der ehemalige Röstturm des Kaffee-Veredelungsbetriebes sollte stehen bleiben. Die Architekten nutzten es als zentrales Gestaltungselement. Um dieses „Ausrufungszeichen“ herum „mäandert“ der Gebäudekomplex, und damit dieses Zeichen den  Betrachter auch anspricht, ihn anrührt, wurde es wirkungsmächtig in Scene gesetzt durch eine großzügige Öffnung des ganzen Baukörpers, darin eine breite Treppenanlage zu einem erhöht angeordneten Podest führt,  auf dem der Turm wie ein Denkmal von vergangenen Zeiten zeugt, geschickt abgesetzt von dem ihn umgebenden Neubau durch transparente Übergänge mit leiterähnlichen Schmuckelementen, die diese Durchsicht noch unterstreichen. Auch die Nutzung als Auditorium und Bibliothek ist adäquat der, dem Turm  zugewiesenen, gestalterischen und geschichtlichen Bedeutung!

Das Material der Außenhaut der Neubauten ist ein edler Sichtbeton, in großen Fertig-Elementen vor den Stahlbetonskelettbau gestellt. Transparenz auch hier, durch bodentiefe Fenster, ins Innere geführt über eine elegante Stahltreppe, wo in den Bürogeschossen gläserne Flurtrennwände lichtdurchflutete Arbeitsplätze schaffen. Die große Geste der Eingangsfront schafft natürlich Probleme, die sich dem durchschnittlich gebildeten, den Belangen des statischen Verhaltens von Bauelementen eher zurückhaltend gegenüberstehenden Betrachter nicht sofort erschließen. Der Einheitlichkeit des Gesamtbaukörpers ist es geschuldet, dass die durchlaufende vorgehängte Fassade verbirgt, wie die weit gespannte Überbrückung im 2. Obergeschoss tatsächlich wie eine Stahl - Brücke aus zwei Vierendeel-Rahmen und dazwischen gespannten Verbunddecken konstruiert ist. In Wasmuth's „Lexikon der Baukunst“ steht unter dem Stichwort „Vierendeelträger“ lapidar: „Die Berechnung ist schwierig und umständlich“. Das wird sich auch im Zeitalter der computergestützten Berechnungen nicht wesentlich geändert haben.

Hinzu kommt, dass  die aus dem Baukörper geschnittene Öffnung diesem konsequent auf dem Mäanderweg folgt in die Fassade zur Langenhorner Chaussee, gleichsam auch dorthin ein Fanal aussendend. So erweist sich aber die schräg zurückgesetzte Wand nur teilweise als hergebrachtes Widerlager tauglich. Auch dafür wussten die Ingenieure einen Weg, die auftretenden Kräfte über den Treppenhausblock in die Fundamente zu leiten. Die Eleganz der Architektur wird durch eine findige und ebenso elegante Tragwerksplanung ermöglicht.
Der Turm erforderte unter anderem auch für die darunter geschobene Tiefgarage eine neue Gründung, die ihm ohne Abriss in Schonung der Substanz  eingebracht wurde. Eine Herausforderung nicht nur für die Planer, sondern auch an die Ausführenden.
Die Außenanlagen schaffen mit einer gestalteten, dem Gebäude zugeordneten,
großen Wasserfläche Distanz zur vielbefahrenen Chaussee.

So ist hier ein Gebäude entstanden, das durch einen hohen Anspruch des Bauherrn, durch vortrefflich miteinander planende Architekten und Ingenieure zu einem Ergebnis geführt hat, das richtungweisend dem gesamten Gewerbegebiet eine Initialzündung geliefert hat, die eine gewisse Hoffnung auf ein höheres Niveau im Bauen aufkeimen lässt. Für diese vorbildliche Zusammenarbeit verdient das Ergebnis aus diesem Planungs-Prozess den Titel  „Bauwerk des Jahres 2014“

Gerhard Hirschfeld, Oktober 2015

"Achim- und Petra-Herz-Haus" der Joachim Herz Stiftung -
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