von Friedhelm Grundmann

1868 lautete der Titel des ersten Bandes noch
Hamburg, historisch-topographische Mittheilungen.
Anlass war die »XV. Wanderversammlung der Deutschen Architecten und
Ingenieure«. Das »Redactionscomité« bestand aus den prominenten
Vereinsmitgliedern Johannes Dalmann, Martin Haller, Hermann Diederich
Hastedt und Franz Andreas Meyer. Hauptthema sind der Wiederaufbau der
Innenstadt nach dem großen Brand von 1842 und die Modernisierung der
Infrastruktur. Brücken- und Straßenbau, Wasserver- und -entsorgung,
öffentliche Gasbeleuchtung und Eisenbahnbau ließen Hamburg damals zur
fortschrittlichsten Großstadt Nordeuropas werden.
1890 erschien die Publikation des AIV zum ersten Mal unter dem Titel
Hamburg und seine Bauten,
damals noch mit dem Zusatz »unter Berücksichtigung der Nachbarstädte
Altona und Wandsbek«, die bis 1937 preußisch waren. Dem Buchausschuss
gehörten – unter anderen – Julius Faulwasser, Martin Haller, Franz
Andreas Meyer und Manfred Semper an. Der Band hat einzigartige
baugeschichtliche Bedeutung als Dokumentation der städtebaulichen,
architektonischen und technischen Entwicklung Hamburgs zwischen der
Reichsgründung 1871 und dem Anschluss an das deutsche Zollgebiet 1888.
Das rasante Wachstum innerhalb dieses Zeitraumes verdeutlichen
Statistiken: Verdoppelung der Bevölkerung auf 540.000 Einwohner,
Vervierfachung der Ein- und Ausfuhr und des Schiffsverkehrs. Der Bau des
Freihafens und der Speicherstadt, von Schleusen und Brücken, Werften
und Schiffen umfasst allein rund 150 Seiten und bildet damit den
Schwerpunkt des Buches. Eine Fundgrube für Bauhistoriker sind die
Kapitel über die großen, teils verschwundenen Hochbauten, die opulenten
Villen und Vergnügungsetablissements, die in gestochenen Zeichnungen und
stimmungsvollen Fotografien gezeigt werden.
1914 folgte
Hamburg und seine Bauten in zwei
Bänden mit insgesamt 1.360 Seiten und 2.588 Abbildungen. Der Umfang
spiegelt das gewaltige Bauvolumen, mit dem die Stadt innerhalb zweier
Jahrzehnte den größten Sprung in ihrer Baugeschichte gemacht hatte. Die
erneute Verdoppelung der Einwohnerzahl ließ Hamburg zur zweiten
deutschen Millionenstadt werden. Der erste Band beschäftigt sich mit dem
öffentlichen und privaten Hochbau, beginnend mit dem neuen Rathaus.
Fritz Schumacher stellt den Schulbau und Alfred Löwengard den
Kontorhausbau als hamburgisches Spezifikum vor. Ein großes Kapitel ist
dem Ausbau und Neubau der Krankenhäuser gewidmet; umfangreich auch der
Kirchen- und besonders der Wohnungsbau. Der zweite Band gilt
hauptsächlich dem Ingenieurbau. Elbregulierung und Hafenbauten,
Elbtunnel und Landungsbrücken, Werften und Schiffsbau stehen an der
Spitze. Die überragende Bedeutung des Verkehrs verdeutlichen die Kapitel
über Eisenbahn- und Hochbahnbau. Ausführlich behandelt wird die
Sanierung der Gängeviertel und die dadurch ausgelösten Bauten der
Mönckebergstraße und der Kaiser-Wilhelm-Straße, ebenso die Entstehung
des Stadtparks und der Ausbau des Zentralfriedhofs Ohlsdorf. Mit den
Berichten über das Baugeschehen in Altona und Wandsbek schließt das
voluminöse Werk.
1929 erschien die dritte Folge von
Hamburg und seine Bauten,
nun auch unter Einbeziehung von Harburg-Wilhelmsburg. Zum dritten Mal
gehörte Julius Faulwasser, Altmeister des Kirchenbaus und AIV-Mitglied
seit 1880, dem Buchausschuss als Schriftleiter an. Zwei programmatische
Texte von Fritz Schumacher, seit 1923 als Oberbaudirektor auch für
Stadt- und Landesplanung zuständig, führen in den Textteil und die
anschließende Bilderfolge ein: »Hamburgs städtebauliche Aufgabe« und
»Architektonische Regungen der Nachkriegszeit«. Darin postuliert er »das
Streben nach klaren Massen«, weil »kubische Körper sich weit leichter
zu einem einigermaßen einheitlichen und zugleich würdigen Gesamtbild
zusammenschließen«. Dieser Maxime entsprechen die meisten in der
Bilderfolge gezeigten Bauwerke, vor allem die Siedlungsbauten am
Dulsberg, in der Jarrestadt, am Habichtplatz oder auf der Veddel.
Weitere Schwerpunkte bilden das Kontorhausviertel mit Fritz Högers
Chilehaus und der Schulbau mit neunzehn »Schumacher-Schulen«. Zum
Schluss folgen Erläuterungen zu allen im Bild gezeigten Bauten mit
Namen, Daten und Grundrissen.
Die Auflösung des AIV in der NS-Zeit und der Zweite Weltkrieg unterbrachen die Herausgabe eines weiteren Bandes.
1953, sieben Jahre nach der AIV-Neugründung, erschien
Hamburg und seine Bauten 1929–1953 zur IGA 53, der ersten Internationalen Gartenbauausstellung. Der Band
umfasst die dramatischen Jahrzehnte von der Weltwirtschaftskrise Ende
der zwanziger Jahre über die NS-Zeit und den Zweiten Weltkrieg bis zur
Zerstörung und zum beginnenden Wiederaufbau. Die gezielte
Kriegsvorbereitung durch Aufrüstung belegt ein fast euphorischer Beitrag
über den 1934 beginnenden und sich bis zum Krieg steigernden
Kasernenbau. Darauf folgen Luftschutzbauten mit ihren Bunkertürmen, die
Tausenden das Leben retteten. Die erschütternden Bilder der
Trümmerwüsten erinnern an die Schrecken des Krieges. Die Notunterkünfte
in Nissenhütten und Behelfsheimen zeugen von der Wohnungsnot nach der
Zerstörung von 300.000 Wohnungen. Dagegen wirkt das Kapitel über den Bau
der Hochhäuser am Grindelberg wie ein Bericht von einem anderen Stern.
Schon ein Jahr nach Kriegsende geplant und bis 1953 zum größten Teil
errichtet, war es das modernste Wohnprojekt dieser Zeit in einer
deutschen Großstadt. Ein Drittel des Bandes umfasst die Ingenieurbauten.
Der Verkehrsbau und der Wiederaufbau des fast vollständig zerstörten
Hafens stehen im Vordergrund. Zum ersten Mal erscheint auch ein Bericht
über die Denkmalpflege, in dem es vor allem um die Sicherung
historischer Ruinen und den Wiederaufbau der Kirchen geht.
1968 unterstützten fast hundert Mitarbeiter den Buchausschuss unter Vorsitz von Arthur Dähn bei der Herausgabe von
Hamburg und seine Bauten 1954–1968.
Schwerpunkt dieser Jahre war der Wohnungsbau mit der stolzen Bilanz von
400.000 neuen Wohnungen. Entsprechend umfangreich waren die
Folgeeinrichtungen, die unter dem Titel »Stadtbau« breiten Raum
einnehmen. Zukunftseuphorie prägt die Beiträge über Verkehrsbauten.
Autobahn-, Straßen- und Brückenbauten, neue U-Bahn-Strecken, Bauten der
Bundesbahn und die Ankündigung des neuen Großflughafens bei
Kaltenkirchen zeugen von der optimistischen Einschätzung zukünftiger
Verkehrsprobleme. Das Kapitel »Strom und Hafen« ist dem weiteren Ausbau
des Hafens und den Hochwasserschutzanlagen als Folge der Flutkatastrophe
von 1962 gewidmet.
1984 erschien unter der Redaktion von Walter Heisterberg
Hamburg und seine Bauten 1969–1984.
Mit seinem einführenden Beitrag »Erinnern und Bewahren« markiert er
einen veränderten Umgang mit historischer Bausubstanz, der durch die
Beiträge zur Stadtgestaltung und Stadterneuerung anschaulich ergänzt
wird. Die Einkaufspassagen in der Innenstadt, aber auch die schon bald
umstrittenen Großsiedlungen Osdorfer Born, Steilshoop, Mümmelmannsberg
und Tegelsbarg entstehen in diesem Zeitraum. Die Ingenieurbauten nehmen
ein Drittel des umfangreichen Bandes ein und finden ihre Höhepunkte im
Bau der Köhlbrandbrücke und des Autobahn-Elbtunnels. Endlich
vervollständigt auch ein ausführlicher Anhang mit Registern das Buch und
erleichtert die Benutzung als Nachschlagewerk.
2000 legte der AIV zur Jahrtausendwende die achte und bisher letzte Publikation in dieser Reihe vor.
Hamburg und seine Bauten 1985–2000 entstand in Zusammenarbeit mit dem Hamburgischen Architekturarchiv. Das
Konzept des Bandes entwickelte Mathias Hein, die Chefredaktion besorgte
Karin von Behr. Zum ersten Mal stammen die meisten Beiträge von
professionellen Fachautoren außerhalb des AIV. Ein einführender Textteil
behandelt Grundsatzthemen zu Städtebau, Architektur und Wirtschaft. Der
Hauptteil besteht aus einer lexikalischen Dokumentation der im Zeitraum
geplanten und realisierten Bauten, gegliedert nach Gebäudetypen.
Fachkundige Texte führen in die jeweiligen Kapitel ein. Mehr als
neunhundert Projekte werden mit ihren Daten und Fakten vorgestellt. Ein
Drittel umfasst allein der Wohnungsbau, von großen Wohnanlagen wie
Neuallermöhe oder der Trabrennbahn Farmsen bis hin zu
Einfamilienhäusern. Die Planung der Hafen City eröffnet den Blick in die
Zukunft als »größte städtebauliche Herausforderung Hamburgs im dritten
Jahrtausend«. Die abschließenden, aufwendig und akribisch erarbeiteten
Register entsprechen dem hohen Anspruch an ein wissenschaftliches Werk.