Kolbenhöfe GmbH & Co. KG

Kolbenhöfe GmbH & Co. KG -

Laudatio

Der Hamburger Stadtteil Ottensen wandelt sich. Nicht erst seit gestern, sondern bereits seit Jahrzehnten. Aus einem ehemaligen Industriestandort ist über die Jahre ein bunter und pulsierender Stadtteil geworden, der zu den beliebtesten Hamburgs zählt.

Das Stadtquartier Kolbenhöfe ist Teil dieses Wandels, und will dabei nicht mit der Vergangenheit brechen. Mit diesem Versprechen im Hinterkopf lohnt sich eine kurze Reise durch die Zeit.

Auf dem knapp vier Hektar großen Grundstück war ursprünglich eine Gießerei angesiedelt. 1935 begann die Norddeutsche Leichtmetall- und Kolbenwerke GmbH an der Friedensallee 128 mit der Produktion von Kolben für Flugzeugmotoren und anderen Alugussteilen.

Die Noleiko wurde 1950 von der Karl Schmidt GmbH, der späteren Kolbenschmidt GmbH übernommen. Diese produzierte zunächst weiterhin Kolben für Flugzeuge und Schiffe, spezialisierte sich jedoch in den 1980er-Jahren auf Pkw-Kolben. Das Geschäft boomte. Entsprechend veränderte sich der Gebäude-
bestand. Er wurde über die Jahrzehnte laufend erweitert.

Im Jahr 2009 traf die Weltwirtschaftskrise die Automobilindustrie. Sie bedeutete das Aus für das Hamburger Kolbenschmidt-Werk und zahlreiche Arbeitsplätze. Die Produktion wurde verlagert. Nach der Schließung des Werks übernahm die Rheinmetall Immobilien GmbH die Verantwortung für die Liegenschaft. Schritt für Schritt wurde eine behutsame Entwicklung der Industriebrache eingeleitet.

Nach der Übernahme des Geländes wurden ab 2010 Gewerbeflächen günstig an Handwerksbetriebe vermietet, um das Areal lebendig zu halten. Daraus entwickelte sich die Initiative Kolbenhof e. V., die maßgeblich in die Planung einbezogen wurde. 2013 startete die „Dialogwerkstatt Friedensallee“, bei der Bürgerinnen und Bürger aktiv an der Konzeptentwicklung teilnahmen. Den städtebaulichen Wettbewerb gewann ein Entwurf, der historische und neue Gebäude zu einem offenen und gemischten Quartier verbindet.

Für die Realisierung fanden sich ab 2017 Partner: das Bauunternehmen Otto Wulff und der Altonaer Spar- und Bauverein (altoba). 2019 wurde der Bebauungsplan „Ottensen 66“ rechtskräftig, womit die Bauphase offiziell begann. Ein besonderes Merkmal blieb die dauerhafte Sicherung bezahlbarer Flächen für lokale Handwerksbetriebe – insbesondere in der Halle 7, die 2017 an die Genossenschaft Kolbenwerk eG übertragen wurde.

Heute vereint das Quartier Wohnen, Arbeiten und Leben in direkter Nachbarschaft und fügt sich mit seiner Architektur aus Alt- und Neubauten harmonisch in den Stadtteil ein. Bis Ende 2024 sind bereits rund 420 Wohnungen entstanden, davon etwa 140 gefördert nach dem Hamburger Drittelmix. Die neu errichteten Nutzungen werden durch Flächen für Büros und Kleingewerbe ergänzt. Ein öffentlicher Platz mit Gastronomie, Märkten und Veranstaltungen bildet das Zentrum des Quartiers.

Im Nordwesten liegt der Gewerbeschwerpunkt mit der Bestandshalle 7, die dauerhaft lokalen Handwerksbetrieben Raum bietet. Richtung Süden schließen Misch- und Wohngebiete mit unterschiedlichen Wohnformen, einer Kita, Spielplätzen und großzügigen Grünflächen an.

Die Kolbenhöfe stehen somit für ein Stadtentwicklungsprojekt, das historische Strukturen bewahrt, sozialen Wohnungsbau integriert und eine lebendige Verbindung von Wohnen, Arbeiten und Gemeinschaft schafft.

Das Versprechen wurde also eingelöst !

Inmitten dieser neue geschaffenen städtischen Struktur sticht jedoch ein Gebäude hervor. Wir kommen nun zum klangvollen Highlight des Areals.

Als „Schlussakkord“ der Hamburger „Kolbenhöfe“ vervollständigt die „Musik.Werk.Stadt” die städtebauliche Neuentwicklung der Kolbenhöfe. Das Ensemble für das Hamburger Konservatorium besteht aus einer Reihung von drei Bauteilen, die in individueller Ausgestaltung den „ruppigen“ Charakter des Quartiers weitererzählen. 

Der westlich gelegene Bestandsbau des ehemaligen Magazingebäudes wurde entkernt und aufgestockt, die historische Ziegelfassade instandgesetzt und gedämmt, die Holzfenster wurden nach historischem Vorbild erneuert.

Im Erdgeschoß wurde eine Krippe eingerichtet. Gleichsam dient es als Empfang des Konservatoriums, sowie als Foyer für den angrenzenden Konzertsaal im ehemaligen Kompressorenhaus des Areals.

Die rippenförmige Tragkonstruktion der Decken konnte erhalten und sichtbar inszeniert werden um den Quartierscharakter auch im Interieur erlebbar zu machen.

Ein neuer Treppenaufgang erschließt das Magazingebäude und den angrenzenden Neubau, der sich im mittleren Bereich des Grundstücks befindet. Der Neubau hält sich in seiner Geschossigkeit und einfachen Volumetrie an die Vorgaben des Bebauungsplans.

Die Fassade ist eine gleichmäßig gerasterte Lochfassade mit durchgefärbten Putzen. Die liegende
Fassadenstruktur sowie die Farbigkeit nehmen die Vorgaben des Gestaltungskonzeptes des Kolbenhofgeländes auf.

Im ersten Obergeschoß befindet sich die Kita Musikon und in den weiter aufgehenden Geschossen Übungsräume für Musizierende und die Musikstudierenden. So werden frühkindliche Musikförderung, Schule und Studium vereint. Im obersten Geschoß wurde ein Saal für Tanzveranstaltungen eingerichtet.

Die in den Stadtraum gerichtete Hauptfassade des ehemaligen Kompressorenhauses konnte erhalten werden. Hinter ihr befindet sich der neue Konzertsaal, mit einer erstklassigen raumakustischen Qualität.

Die Summe aller Ansätze in der Planung und Ausführung, die behutsame Berücksichtigung des denkmalgeschützten Bestands und die damit verbundene hervorragende Einbindung des Gebäudes in ein städtebaulich neu entwickeltes Quartier machen die Musik.Werk.Stadt zu einem Bauwerk des Jahres.

Herzlichen Glückwunsch!

 

Wolfgang Keen

Hamburg, im Oktober 2025

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