Ameron Hotel Speicherstadt in der ehemaligen Kaffeebörse (Sonderpreis Denkmalpflege)

Ameron Hotel Speicherstadt in der ehemaligen Kaffeebörse (Sonderpreis Denkmalpflege) -

Bauherr

HHLA Hamburger Hafen- und Logistik AG

Architekt

Winking.Froh Architekten, Hamburg

Tragwerksplanung

WKC Hamburg GmbH

Architekturfotografie

Ameron Hotel Speicherstadt

Laudatio

Was hat dieser freundliche Herr, seines Zeichens Architekt, mit unserem Preisträger zu tun?
Werner Kallmorgen, geboren 1902, gestorben 1979, hat sich als Architekt  des Nachkriegswiederaufbaus  unauslöschbar in die Stadtgeschichte eingeschrieben. Stellvertretend für sein umfangreiches, das Gesicht Hamburgs nach '45 so maßgeblich prägendes Werk seien an dieser Stelle nur die Inkunablen IBM- und Spiegelhochhaus oder das wundervolle Ernst-Barlach-Haus im Jenischpark genannt.

Aber auch der Wiederaufbau der Speicherstadt und des Freihafengebietes erfolgte bis in die späten 60er-Jahre nahezu vollständig unter seiner Regie. Hamburgs neues Wahrzeichen, die Elbphilharmonie steht auf seinem monumentalen, 1965 fertiggestellten Kaispeicher  A.
Ein zentraler Bestandteil dieses von Kallmorgen mit großer Sensibilität und gleichzeitig starkem Selbstbewusstsein durchgeführten Wiederaufbaus in der Speicherstadt war die Kaffeebörse am Pickhuben mit dem neuen Börsensaal  und der Brücke zum neuen Bürohaus im Speicher O, Am Sandtorkai 4, errichtet 1954 - 1958. In dieses denkmalgeschützte Ensemble sollte ein Hotel einziehen. Das Bewusstsein für Wert und Qualität von Bauten der sogenannten Nachkriegsmoderne ist ein noch sehr zartes Pflänzchen.

Umso mehr gebührt den  Bauherrn, Architekten und Ingenieuren Lob und Anerkennung  für dieses wegweisende Meisterwerk einer denkmalgerechten und, bei genauem Hinsehen, durchaus zeitgemäßen Umnutzung. Als ich mir den nun als Frühstückssaal  des Hotels genutzten ehemaligen Börsensaal ansah, stellte ich mir vor, wie der Bauherr von seinem Architekten Schritt für Schritt auf die vielen Originaldetails aufmerksam gemacht wurde und sich nach und nach vom Charme, nicht nur offensichtlicher Einzelstücke wie der alten Kurstafel, einnehmen ließ. Nein, auch die aufs äußerste minimierten, filigranen Fensterprofile aus Messing und Stahl, Decken-, Fußboden und Wandgestaltung, Türgriffe und, und, und… wurden sorgsam und hingebungsvoll bewahrt.  

Und so steht dieses detailgenau dem Original Werner Kallmorgens entsprechende Schmuckstück nun wieder vor uns - nicht als musealer Wallfahrtsort für ein paar Enthusiasten wie mich, sondern als von den Hotelgästen ganz selbstverständlich und alltäglich genutzter Raum mit einmalig authentischer Atmosphäre.
Kein Retro-Schnick-Schnack, kein New Beatle, sondern Original Borgward Isabella!

Gestatten Sie mir an dieser Stelle ein paar Bemerkungen zum denkmalpflegerischen Umgang mit den Bauten der 1950er und 1960er Jahre. Bei aller Begeisterung für den Glücksfall Kaffeebörse: Wir sollten uns meines Erachtens davor hüten, den Wiederaufbau der Nachkriegszeit als Bauepoche  insgesamt mit konservatorischem Eifer zu betrachten.
Natürlich ist auch in dieser Epoche qualitativ sehr unterschiedlich zu Bewertendes entstanden. Mir ist es z.B. nach wie vor absolut unverständlich, dass die amtlichen Denkmalpfleger und viele ihrer Mitstreiter die architektonisch banalen und städtebaulich disparaten Hochhäuser des CityHofs am Hauptbahnhof  auf eine Stufe mit den Grindelhochhäusern, der Hamburg-Süd des gerade wiederentdeckten Cäsar Pinnau oder  eben Kallmorgens IBM- oder Spiegelhochhaus stellen und sich der längst überfälligen Stadtreparatur an diesem wichtigen Ort, übrigens auch und gerade im Sinne des benachbarten Weltkulturerbes Kontorhausviertel, verbissen  widersetzen. So tut man, so meine ich jedenfalls, der Wertschätzung für die tatsächlich großen Wiederaufbauleistungen einer authentischen und eigenständigen Nachkriegsmoderne, z.B. eines Werner Kallmorgen, keinen Gefallen. Angesichts der nach wie vor übergroßen Anzahl von Bauten der Nachkriegszeit darf ein aufrichtiges Bemühen um die Bewahrung dieses Erbes nicht nostalgischer Verklärung anheimfallen.

Vielmehr müssen wir uns doch die Frage stellen: Was steht hinter einem Denkmal? Welcher historische, gesellschaftliche und ökonomische Kontext brachte es hervor? Verdeutlicht es diese Einflüsse relevant und sinnbildlich? Ist es in diesem Sinne repräsentativ? Und nicht zuletzt: Welche gestalterische Kraft und welches handwerkliche Können zeichnet es aus?
Die Antwort auf diese Fragen führt zum Status Denkmal – oder eben nicht. Und wenn Ihnen das alles zu abgehoben klingt und Sie, liebe Bauherren, meinen: Naja, das sind ja nette Liebhabereien von Leuten, die sich den Luxus eines solchen Bewusstseins leisten können und wollen. Das kann man ja mal mitmachen, wenn dafür ein zusätzliches Geschoss genehmigt wird.

Das was am Beispel der Kaffebörse sichtbar wird ist durchaus auch ein kommerziell  wichtiger Faktor: ORIGINALITÄT
Nicht im Sinne von „originell“ – obwohl auch das manchmal nicht  schadet. Vielmehr im Sinne seines lateinischen Wortsinns: Origo – Ursprung, Quelle, Stamm. Ursprünglichkeit, Echtheit, Unverfälschtheit, gestalterische Eigenständigkeit  sind  übergeordnete Wertschöpfungsfaktoren, die in betriebswirtschaftlichen Kategorien nicht auf Anhieb zu messen sind. Sie stellen Alleinstellungsmerkmale in einer Zeit fortschreitender Beliebigkeit, Vervielfachung und Entwertung dar.

Darum am Ende meiner Laudatio mein Rat an alle Investoren, staatliche und private Akteure des Immobilienmarktes: Sollten Sie es mit Original-Bausubstanz zu tun bekommen, nehmen Sie sich ein Beispiel an den Machern des Hotels Kaffeebörse! Hören Sie auf Experten, die etwas wissen und verstehen von der Geschichte eines Gebäudes und dem Ort, an dem es steht. Vertrauen Sie dem Rat von Fachleuten, die diese Zeichen deuten können, die das Gehaltvolle vom Nebensächlichen zu unterscheiden vermögen.

Hören Sie Ihnen zu wie sie mir freundlicherweise so lange zugehört haben.
Vielen Dank!

15.10.2015    Mathias Hein, Freier Architekt in Hamburg

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